Multiband-Kompressor

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Im Artikel zuvor wurden alle Regler eines Kompressors verständlich und ausführlich erklärt. Du hast nun das gesamte Wissen, um einen Kompressor richtig einzustellen. Mit so einem Kompressor können wir die gesamte Dynamik (Unterschied zwischen leisen und lauten Tönen) eines Audio-Signals (z.B. Vocals (Gesang), Gitarre, Drums) reduzieren. In unserem aktuellen Mix entdecken wir nun einen komplexen Drum-Loop mit Kick, Snare, Hi-Hat und Congas. Beim Anhören dieses Drum-Loops stellen wir fest, dass die Kick noch etwas mehr komprimiert werden könnte. Da ein normaler Kompressor aber den gesamten Drum-Loop komprimieren würde, brauchen wir ein anderes Mixing-Werkzeug: den Multiband-Kompressor. Für die richtige Anwendung nun dieses Tutorial.

Viele DAWs (ausgeschrieben Digital Audio Workstation), auch Audio-Sequenzer genannt, bieten einen Multiband-Kompressor als Plugin an. Schaue doch einfach mal in deiner DAW nach, ob dich einer anlächelt (z.B. in Cubase, Pro Tools, Ableton live, Logic, Magix Samplitude, FL Studio, Cakewalk Sonar, Propellerhead Reason, PreSonus Studio One oder Cockos Reaper).

Letztendlich wird ein Multiband-Kompressor ähnlich wie ein Kompressor bedient. Wir entdecken also beim Multiband-Kompressor genau die gleichen Knöpfe und Drehregler wie beim Kompressor. Daher im Folgenden nur eine kurze Zusammenfassung, was die einzelnen Knöpfe und Drehregler bedeuten. Die ausführliche Erläuterung wird im Artikel Kompressor aufgezeigt.

Erklärung Multiband-Kompressor

Threshold: Mit diesem Regler teilt man dem Kompressor mit, ab welcher Lautstärke er ein Signal leiser machen soll. Bei der Ausgangsstellung „0“ macht er so gut wie noch gar nichts (meist die Standardeinstellung; default setting).

Output Gain (manchmal heißt der Regler auch Makeup Gain (Aufholverstärkung)): Dieser Regler ist genauso wichtig wie der Threshold! Mit dem Output Gain wird die Lautstärke angepasst. Wenn wir komprimieren, wird die Lautstärke verändert. Für einen fairen Vergleich zwischen komprimierten und unkomprimierten Signal muss die Lautstärke angepasst werden, sonst wirst du immer das lautere Signal bevorzugen.

Ratio (manchmal auch Slope genannt): Mit dem Ratio-Regler teilen wir dem Kompressor mit, wie viel leiser er alle lauten Töne herunterregeln soll, die vom Threshold erfasst werden. Bei einer geringen Ratio von 1,5:1 werden die lauten Töne kaum leiser gemacht. Bei einer Ratio von 12:1 werden die lauten Töne schon deutlich leiser gemacht. Empfehlenswert ist grundsätzlich eine Ration von 1,5-4.

Attack: Mit diesem Regler bestimmst du, wie lange der Kompressor die vom Threshold erfassten lauten Töne für die maximal eingestellte Komprimierung braucht. Soll der erste laute Ton sofort komprimiert werden? Wähle einen kurzen Attack-Wert. Soll der erste laute Ton so gut wie unangetastet bleiben? Wähle eine längere Attack-Zeit.

Release: Mit diesem Regler bestimmst du, wie lange es dauert, bis der Kompressor wieder mit der Kompression aufhört, wenn das Audiosignal den Threshold unterschreitet.

Multiband-Kompressor richtig einstellen

Zurück zu unserem eingangs erwähnten Beispiel: der komplexe Drum-Loop. Der Drum-Loop in unserem Mix enthält

  • Kick
  • Snare
  • Hi-Hat
  • Congas

Schöner wäre es gewesen, wenn der Produzent jedes Element separat aufgenommen hätte. Manchmal nehmen Produzenten allerdings auch vorgefertigte Drum-Loops aus einer Sample-Library für ihren Song. Meistens gar nicht als Hauptdrums, sondern eher als Unterstützung zu den Hauptdrums. Ein zusätzlicher Drum-Loop kann den Song interessanter wirken lassen bzw. mehr zum Kopfnicken animieren. 🙂

Vor allem die Zwischenschläge bei den Drums lassen uns nämlich auf der Tanzfläche richtig abgehen. Drum-Loops können auch nur aus Percussion-Elemente bestehen, die manchmal gar nicht so einfach sind, selber zu programmieren.

Drum-Loops aus Sample-Libraries sind in der Regel von Profis produziert worden. Sie müssen eigentlich nur noch ein bisschen in den Song integriert werden. Wir haben aber einen Drum-Loop erwischt, bei dem die Kick noch etwas mehr komprimiert werden könnte.

Was passiert, wenn wir nun einen normalen Kompressor nehmen? Mit einem Kompressor verringern wir die gesamte Dynamik (Unterschied zwischen leisen und lauten Tönen) des Drum-Loops. Die restlichen Elemente im Loop benötigen aber gar keine Komprimierung, sondern nur die Kick. In so einem Fall ist der Multiband-Kompressor Goldwert.

Unterschied zum Kompressor: Das Frequenzband einstellen

Der Vorteil eines Multibandkompressors ist, dass wir gezielt einen Teil des gesamten Frequenzspektrums eines Audio-Signals komprimieren können – das ist auch eigentlich schon der einzige Unterschied zu einem normalen Kompressor. Je nach Plugin oder Hardware hat ein Multiband-Kompressor unterschiedlich viele Bänder. Mit den Bändern wird das Frequenzspektrum aufgeteilt. Ein Multiband-Kompressor mit 3 Bändern kann z.B. die Tiefen, die Mitten und die Höhen separat komprimieren. Ansonsten sind alle Multiband-Kompressoren ähnlich aufgebaut.

Achtung! Nur weil der Multiband-Kompressor vielleicht 6 Bänder hat, heißt das nicht, dass wir auch alle Bänder nehmen müssen. In der Praxis benötigen wir in der Regel nur 1 Band. Auch Presets sind allgemein wenig zu gebrauchen, weil die Probleme, die mit dem Multiband-Kompressor behoben werden, zu speziell sind.

Versuche mit deinem Gehör zu beurteilen, in welchem Frequenzbereich du eine Komprimierung benötigst (du kannst die Bänder auch auf Solo schalten, um es besser herauszuhören). Zum Thema Frequenzen kannst du dir auch gerne noch einmal den Artikel Frequenzen inkl. Frequenztabelle zum Ausdrucken verinnerlichen. Ein optische Hilfe beim Einstellen eines oder mehreren Bändern kann dir der Spectrum Analyzer sein. Zu schmal solltest du ein Band nicht einstellen, da ansonsten die Wahrscheinlichkeit steigt, dass du Probleme mit der Phase bekommst.

Das ist der interne Multiband-Kompressor von Steinberg Cubase. Ein sehr guter Multiband-Kompressor! Wir zu erkennen, hat dieser Kompressor 4 Bänder. In jedem Band haben wir die üblichen verdächtigen Regler eines Kompressors: THRESH (für Threshold), RATIO, ATTACK und RELEASE. Der Release-Regler kann sogar auf „automatisch“ gestellt werden. Der Unterschied zum normalen Kompressor? Oben können wir nun in diesem Plugin bestimmen, welcher Frequenzbereich das jeweilige Band komprimieren soll.

Bei einzelnen Spuren oder die Gruppe oder nur beim Mastering einsetzen?

Wir können uns merken, dass wir bei komplexen Signalen, die alle in einer einzigen WAV-Datei aufgenommen wurden, einen Multiband-Kompressor anwenden, sofern einzelnen Frequenzen einen zu hohen Dynamikumfang haben. Daher wird so ein Multiband-Kompressor (Dynamikprozessor) auch gerne in der Summe – also beim Mastering – angewandt. In der Summe haben wir ein sehr komplexes Signal – nämlich den gesamten Song.

In der Gruppe empfehle ich es nicht den Multiband-Kompressor zu nehmen, sondern eher das Audio-Signal in der einzelnen Spur zu prüfen und bei Bedarf mit einem normalen Kompressor in der jeweiligen Spur zu komprimieren. Ein Multiband-Kompressor hat nämlich den Nachteil, dass er die Phase schnell verändern und dadurch auch den Klang negativ beeinflussen kann.

Dazu ein Beispiel: Du hörst dir die gesamten Drums im Song an, die du richtigerweise in eine Gruppe geroutet hast. Du stellst fest, dass die Snare noch ein bisschen mehr komprimiert werden könnte. Da du die Snare als separate Spur hast, wäre es hier unnötig in der Drum-Gruppe einen Multiband-Kompressor einzusetzen. Füge lieber einen normalen Kompressor in die Snare-Spur ein.

Fazit: Mit dem Multiband-Kompressor Dynamik bei einem bestimmten Frequenzbereich reduzieren

Bei einer komplexen WAV-Datei nur einen bestimmten Frequenzbereich komprimieren? Dafür ist der Multiband-Kompressor eine tolle Erfindung! Wenn du weißt, wie man einen Kompressor bedient, dann dürfte es auch kein Problem für dich sein, einen Multiband-Kompressor zu „bändigen“. Der Unterschied zu einem normalen Kompressor besteht darin, dass wir einen bestimmten Frequenzbereich komprimieren können. Dazu hat ein Multiband-Kompressor verschiedene Bänder, die meistens (vor allem bei Plugins) flexibel eingestellt werden können.

Natürlich kannst du den Multiband-Kompressor auch bei einzelnen Sounds anwenden, wie z.B. bei einer Akustik-Gitarre. Bei Problemen mit den Frequenzen setzte ich aber lieber einen dynamischen Equalizer ein. Im Unterschied zu einem Multiband-Kompressor kann ich beim dynamischen EQ die maximale Verstärkung oder Absenkung festlegen (z.B. 2 dB). Beim Multiband-Kompressor habe ich eine Ratio. Also ein Verhältnis zwischen Eingang und Ausgang. Wird der Eingang immer lauter, dann setzt die Kompression auch immer stärker ein.

Natürlich könntest du auch einen normalen EQ nehmen und eine Automation aufnehmen, sodass der EQ beim Dröhnen eingeschaltet oder das Frequenzband in dem Moment heruntergeregelt wird. Das ist aber viel aufwendiger, als einen dynamischen EQ zu nehmen. Wenn ihr mehr zu dem Thema „dynamischen EQ“ mit Plugin-Empfehlungen wissen möchtet, schreibt einfach einen Kommentar.

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3 KOMMENTARE

  1. Hallo großen Lob für die ganze Arbeit. Top!!! Wäre es möglich etwas über Side Chain Ducking zu schreiben? Wie man Platz für Vocals bekommt wenn man auf ein Gemasterten Instrumental aufnimmt und abmischt??

    • Hallo Tyzon,

      vielen lieben Dank für dein Lob! Ein Tutorial über das „Side Chain Ducking“ auf Tonstudio Wissen zu veröffentlichen, ist eine tolle Idee. Das würde gut unter „Abmischen lernen“ passen. Im Moment wird Side Chain nur im Artikel Sound layering erklärt. Im Abschnitt „Fettere Kick mit Sinuston und Gate“.

      Zu deiner zweiten Frage: Du möchstest auf ein gemastertes Instrumental noch nachträglich ein Gesang integrieren? Dann werden dir sicherlich die künftigen Tutorials unter „Mastern lernen“ helfen. Die Anleitung ist noch nicht komplett. Weitere Artikel werden noch veröffentlicht.

      Viel Spaß weiterhin beim Musik machen
      Mit freundlichen Grooves
      Tonstudio Wissen

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