Zugegeben: Das Thema Phase in der Musik (Audio) ist auf den ersten Blick eher ein trockenes Thema. Ein Hollywood-Blockbuster kann tatsächlich spannender sein. Es ist aber für eine gute Soundqualität wichtig, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Nur so erlebst du keine bösen Überraschungen beim Mixing und kannst zu der Musik in einer guten Soundqualität abgrooven.
In den Artikel unter der Anleitung Abmischen lernen wurde zuvor schon ein paar Mal auf die Phase eingegangen. Mit diesem Tutorial sollen zum Thema Phase bzw. die Phasenverschiebung und Kammfilter nun endgültig aufgeklärt werden.
Wann muss beim Abmischen auf die Phase bzw. Phasenverschiebung geachtet werden (Bedeutung)? Bei allen Audio-Signalen im Mix, die ähnlich (fast identisch) sind und zeitgleich spielen. Das können z.B. mehrere Kicks sein. Oder mehrere Snares. Oder ein E-Bass und eine Synth-Bass, die zeitgleich spielen und zusammen einen tollen Bass darstellen. Also bei allen Sounds, bei denen der Produzent klanglich geschichtet hat (Sound-Layering, Triggern; wie im Artikel zuvor erklärt).
Ohne erst einmal zu wissen, was die Phase ist: Wann solltest du die Phase überprüfen? Ähnliche Audio-Signale bzw. Spuren solltest du wie im Artikel Workflow dargestellt sortieren. So hast du ähnliche Spuren nebeneinander im Projekt. Das erspart nicht nur beim Thema Phase viel Zeit. Empfehlenswert ist es dann, wie im Artikel Mix aufbauen aufgezeigt, die Sounds nach der Wichtigkeit im Mix hinzuzufügen und abzumischen. Wenn du nun auf ähnliche Audio-Signale stößt, wie z.B. die Kick, prüfe, ob die Phase in Ordnung ist. Wie prüfe ich das?
Dazu benutze ein für die Tätigkeit als Toningenieur unglaublich wichtiges Sinnesorgan: deine Ohren! Wenn zwei Audio-Signale nicht in Phase sind, klingt es „dünn“ und komisch – einzeln abgespielt, klingen die Audio-Signale einfach besser. Wenn du das feststellst, drücke an deinem (digitalen) Mischpult einmal die Taste Ø (Im Bild ist es die Taste, die mit dem roten Kreis markiert ist. So sieht diese Taste in Cubase aus). Das bedeutet Phasenumkehr oder Phasendrehung. Jeder Kanal an deinem Mischpult sollte dieses Symbol besitzen. Dabei ist es gleichgültig, welchen Sequenzer du besitzt (Cubase, FL Studio, Pro Tools, Ableton Live, Studio One, Logic, Samplitude usw.). Die Phase wird nun um 180 Grad gedreht. Es wird bei 180 Grad von einer Phasenumkehr in der Musik gesprochen. Was 180 Grad bedeutet, wird gleich erklärt. Wenn es nun besser klingt und du glücklich mit dem Sound bist, kann weiter abgemischt werden.
Plugin-Empfehlungen
Falls nicht, brauchst du ein Plugin, das die Phase in einer feineren Einteilung verändern kann – mehr als nur um 180 Grad. Ein gutes und kostenloses Tool nennt sich Audiocation Phase. Mit diesem kann man in einzelnen Schritte von 0-360 Grad die Phase verändern. Einfach mal ausprobieren und die Gradzahl verändern bis du mit dem Sound zufrieden bist.
Sind 90° besser oder doch 120° (Grad) besser? Um die beste Gradzahl für den Sound einzustellen, nutze den Bypass und den A/B-Vergleich. Schaue dir ruhig dazu noch einmal den Artikel Spectrum Analyzer an. Dort werden auch die Vergleichsmethoden aufgezeigt.
Ein super geniales Tool für die korrekte Phase von mindestens 2 Sounds hat die Firma MeldaProduction im Angebot: MAutoAlign*. Das Plugin analysiert die Signale und passt die Phase automatisch sehr gut an. Die Ergebnisse können sich wirklich hören lassen! Einfacherer geht es nicht. Zudem ist es auch noch günstig.
Phase – Bedeutung einfach erklärt
Wenn wir uns eine WAV-Datei im Sequenzer (Cubase, Fl Studio, Ableton live usw.) einmal anschauen, sehen wir den Verlauf der Wellenform. Je näher wir heranzoomen, desto detaillierter. Wenn wir nun die Phase dieser WAV-Datei um 180 Grad (Phasenumkehr) verändern – wir also das Ø-Symbol am Mischpult drücken – drehen wir die Phase um. Was heißt das?
Wie im Bild erklärt, werden alle Wellenberge zu Wellentäler und umgekehrt. Duplizierst du nun diese WAV-Datei in deinem Sequenzer und drückst das Ø-Symbol bei dieser Spur an deinem Mischpult, sprechen Toninenieure von einer Phasenauslöschung. Was hören wird dann? Nichts. Die beiden Signale löschen sich aus.
Kehren wir die Phase bei einem von zwei identischen Signalen um 180 Grad um, hören wir das Signal nicht mehr.
So ein krasses Ergebnis haben wir aber nur bei zwei identischen Audio-Signalen (Phasenauslöschung). In der Praxis wird es zur Abschwächungen und teilweise zu einer Verstärkung in bestimmten Frequenzbereichen kommen. Für gewöhnlich sind die Auswirkungen am deutlichsten im Bassbereich zu hören. Wir nehmen dann den Sound als „dünner“ wahr.
Mit entsprechenden Plugins kann die Phase nicht gleich brutal um 180° gedreht werden, sondern schrittweise bis zu 180° verändert werden. Versuche herauszuhören, was am besten klingt. Am einfachsten ist es, ein Plugin, wie das MAutoAlign-Plugin von Melda Production, zu nehmen, das diesen Vorgang automatisch für uns übernimmt.
Tipp: Um effizient zu überprüfen, ob alle Audio-Signale im abzumischenden Song in Phase sind, höre diesen in Mono ab. Beim Abhören in Mono treten sogar viele Probleme mit der Phase überhaupt erst auf!
Warum wird von 360 Grad gesprochen? Um das Phasenverhalten zweier identischer Wellenformen zueinander zu beschreiben, berechnen Mathematiker häufig den Versatz zwischen den Wellenformen in Grad, wobei 360 Grad der Dauer einer einzelnen Wiederholung jeder Wellenform entsprechen.
In der Praxis tritt eine Phasenverschiebung bei verschiedenen Situationen auf – nicht nur bei ähnlichen Samples. Im Folgenden werden diese aufgezeigt.
Ursachen für Phasenverschiebung
Grundsätzlich tritt eine Phasenverschiebung bei der Verzögerung eines Signals auf. Das kann verschiedene Ursachen haben:
- Nimmst du echte Instrumente oder Schlagzeug mit mehreren Mikrofonen auf, kann eine ungünstige Platzierung der Mikrofone zur Phasenverschiebung führen. Da die Mikrofone von der Schallquelle unterschiedlich weit voneinander entfernt sind, kommt bei einem Mikrofon das Signal später an, sodass es zu Phasenverschiebung kommt (Phasenänderung bei Reflexion).
Hierbei entsteht auch der Kammfiltereffekt. Daher fällt beim Thema Phase auch schnell dieser Begriff. Er entsteht nämlich, wenn eines von zwei weitestgehend identisch klingenden Signalen verzögert wird (2 bis 15 Millisekunden). Im Frequenzgang kommt es zu gleichmäßig starken Pegelabsenkungen und -steigerungen. Mit Fantasie erinnert dieses Muster (runde Zacken) an einem Kamm.
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Selbst bei der Aufnahme mit nur einem Mikrofon kann es zur Phasenverschiebung kommen. Das kann passieren, wenn das Mikrofon etwas weiter von der Schallquelle entfernt ist. Dadurch wird nicht nur der direkte Schall, sondern auch der reflektierte Schall von Boden, Wänden oder Decke das Mikro (mit logischerweise einer Verzögerung) erreicht (Phasenänderung bei Reflexion).
- Effektgeräte, die das Signal verzögern
- Plugins in einer DAW ohne automatische Latenzkompensation
- EQs. Eine Ausnahme bildet der linearphase EQ.
Fazit: Phasenverschiebung kann eine effektive Lösung für einen unschönen Klang sein
Wenn ihr abmischt, achtet unbedingt auf die Phase. Vor allem, wenn ihr ähnliche Signale im Mix hinzufügt oder ein Signal mit mehr als 2 Mikrofonen aufgenommen wurde. Eine Phase eines Audio-Signals zu ändern, kann viel effektiver sein, als dieses mit EQ, Kompressor und anderen Effekten stundenlang irgendwie hinzubiegen.
Besonders Einsteiger wissen nicht, dass sie der Phase überhaupt Beachtung schenken sollten. Schenkt der Phase immer viel Aufmerksamkeit in der Musik für eine bessere Abmischung und sagt es weiter. Gerne könnt ihr dafür den Artikel einfach mit den Buttons oben und unten mit euren Freunden und Musikbegeisterten teilen. Herzlichen Dank.
Hi,
danke für die tolle Seite!
Gibt es (freie) tools die bei der Phasenproblemerkennung helfen, oder muss ich mich auf mein Ohr verlassen?
Kannst Du auch auf das Phasenproblem durch EQ noch näher eingehen, sind die Mellba-equalizer (Mbandpass, MEqualizer) linear?
Hallo HerrFornit,
vielen Dank für deinen Kommentar! Es freut mich sehr, dass dir Tonstudio Wissen einen Mehrwert bietet.
Mir sind keine kostenlosen Plugins bekannt, die dir bei der Erkennung der Phasenprobleme helfen. Ich nutze immer meine Ohren. Wenn ich beispielsweise 2 ähnliche Snaredrum-Samples in einem Song vorfinde, gehe ich wie folgt vor:
1) „Snare-Sample-Nr.1“ solo anhören
2) „Snare-Sample-Nr.2“ solo anhoren
3) Welches Snare-Sample soll den klang nur unterstützen (vielleicht mehr Punch/Attack geben) und welches Sample ist das eigentliche „Hauptsample“?
4) Im Beispiel stelle ich fest, dass das Hauptsample „Snare-Sample-Nr.1“ ist
5) Hauptsample, also Snare-Sample-Nr. 1, solo abspielen
6) Snare-Sample-Nr. 2 hinzuschalten. Ändert sich der klang zum Positiven? Wenn ja, perfekt. Andernfalls Phase ändern.
Du bist dir unsicher, ob es besser klingt? Manchmal ist es schwierig, z.B. bei Basssounds, herauszuhören, ob der Sound sich beim hinzuschalten einer zweiten Basslinie verschlechtert. Dann drücke einfach mal den 180°-Schalter an deinem Mischpult bei der zweiten Basslinie. Ist es nun besser? Wenn ja, lasse den 180°-Schalter gedrückt. Oder du hast ein Plugin, wie z.B. das MAutoAlign oder den Waves InPhase. Beide Hersteller bieten öfters Rabatte an. Auf diese Weise kannst du dir z.B. das MAutoAlign für 25 €, wenn es im Angebot ist, gönnen. Bei diesen Plugins hast du automatisch die perfekte Phase und kannst die Phase auch mal mit so einem Plugin prüfen, ob es damit besser klingt, falls du dir unsicher bist.
Leider nutze ich den MEqualizer und den MBandPass nicht. Der MEqualizer kann aber laut Beschreibung Oversampling. Bei einem 44.1-kHz-Projekt empfehle ich es sehr – vor allem beim Anheben der Frequenzen – dass du Oversampling x2 oder x4 einstellst. Dadurch hören sich die Höhen nicht hart an oder klingen schlecht aufgelöst. Dann brauchst du dir auch keine Sorgen machen, dass du Phasenprobleme bei der Anwendung dieses EQs bekommst. Denke aber auch daran, dass Oversampling mehr CPU-Power kostet. Empfehlenswert ist dazu der Artikel Equalizer richtig eintellen.
Viel Spaß beim Üben und Abmischen!
Mit freundlichen Grooves
Tonstudio Wissen